Alpine Höhen, endlose Ebenen, Weinfelder: Der Jakobsweg führt durch unterschiedliche Landschaften. Das sind die schönsten Wegabschnitte auf dem Camino Frances.
Saint-Jean-Pied-de-Port – Roncesvalles
Die erste Etappe des Camino Frances zählt zu den anstrengendsten des gesamten Wegs. Immerhin gilt es, auf 24 Kilometer knapp 1500 Höhenmeter zu bezwingen – und das von Pilgern, deren Körper sich meist noch nicht auf die neue Belastung eingestellt haben. Die gute Nachricht: Die Überquerung der Pyrenäen ist mit das Schönste, was der Camino landschaftlich zu bieten hat – wenn die Sonne scheint. Bei meiner letzten Überquerung in einem Juli sah ich wegen Regen und Nebel zur wenige duzend Meter weit. Berge sind eben immer unberechenbar. Bei schönem Wetter allerdings ist das Pyrenäenpanorama gewaltig. Und wenn dann noch Kühe oder ein Schäfer mit seinen Tieren durchs Bild trotten, ist die Idylle perfekt.
Tipp: Kurz nach dem Pass (1420 Meter) gibt es zwei Möglichkeiten. Der offizielle Weg führt geradeaus. Dieser ist allerdings sehr steil und oft unwegsam. Angenehmer (und schonender für Gelenke und Füsse) ist der kleine Umweg, der auf einer Asphaltstrasse nach rechts geht. Nach etwa einer Stunde geht es an einer modernen Kapelle nach links über eine Wiese zum Kloster von Roncesvalles.
Länge: 24 km, 1 bis 2 Tagesetappen
Pamplona – Viana
Auch wenn die Altstadt Pamplonas sehr fotogen ist, der Ein- und Ausmarsch sind es nicht. Hat man aber erst einmal die 200 000 Seelen-Stadt hinter sich gelassen, wandert man durch leicht gewellte Landschaften an Getreide- und Weinfeldern vorbei. Erstes Highlight ist die kleine Bergkette «Alto del Perdón», von der man einen herrlichen Blick zurück auf die Pyrenäen und auf den Jakobsweg der kommenden Tage hat. Einige besonders schöne Dörfer liegen ebenfalls in diesem Abschnitt: das mittelalterliche Puente la Reina, Cirauqui inmitten von Weinfeldern, das verträumte Villamayor de Monjardin und Torres del Rio mit seiner achteckigen Kreuzfahrer-Kirche.
Tipp: Im Ort Murazábal (etwa 5 Kilometer nach dem Pass «Alto del Perdón») lohnt ein kleiner Umweg von etwa 2 Kilometern zur romanischen Kirche Eunate, die wohl auf die Johanniter zurückgeht (im Ort finden sich Wegweiser). Wenn sie offen ist, ist der achteckige Raum ein sehr spiritueller Ort. Und wenn die Kirche geschlossen ist, strahlt die Umgebung eine schöne Ruhe aus. Ich gehe hier immer vorbei.
Länge: 85 km, 4 bis 5 Tagesetappen
Burgos – Frómista
Die letzten Kilometer in die Stadt Burgos gehört mit zu den scheusslichsten Abschnitten des Jakobswegs, denn die offizielle Strecke zieht sich 11 Kilometer durch ein Industriegebiet. Der Weg aus der Stadt ist dagegen erfreulich kurz. Und nach wenigen Kilometern erreicht man einer der grandiosesten Landschaften des Camino: die Hochebene Meseta. Die Weite, an der sich das Auge an kaum etwas festhalten kann, zwingt zum Fokussieren auf sich selbst. Deshalb empfehle ich, gerade diese Tage alleine unterwegs zu sein. Manche Pilger beschreiben die Meseta als langweilig. Meines Erachtens trifft das in den ersten Tagen nicht zu (auch wenn einige Abschnitte um die Stadt Leon zugegebenermassen etwas eintönig sind). Ich liebe die Meseta insbesondere im Frühling, wenn das Getreide grün schimmert und im Herbst, wenn nur noch die goldenen Stoppeln stehengeblieben sind. Dann hat die Meseta etwas von der Magie der Wüste.
Tipp: Wer die Weite der Meseta alleine geniessen möchte, der sollte am Nachmittag unterwegs sein. Die meisten Pilger sind ab etwa 15 Uhr in den Herbergen. Wer nach einer langen Mittagspause am Nachmittag und frühen Abend weiterwandert, hat auch in der Hochsaison die Meseta für sich!
Länge: 65 km, 3 bis 4 Tagesetappen
Astorga – Molinaseca
Nachdem man die Hochebene Meseta zwischen der Städten Burgos und Astorga für etwa 10 Tage durchwandert hat, gehts (endlich) wieder ein paar Berge hoch. Schnell hat man das Kleinstädtchen Astorga hinter sich gelassen und befindet sich in der Einsamkeit der Bergkette «Montes de León». Erster Halt (und für die meisten Pilger, die in Astorga gestartet sind, auch Tagesendpunkt ist das schöne Dörfchen Rabanal del Camino, das schon seit den Anfängen des Weges Pilger aufnimmt. Am nächsten Tag dann geht es steil bergauf bis zum höchsten Punkt des spanischen Jakobswegs, zum bekannten Cruz de Ferro, dem Eisernen Kreuz auf 1500 Metern. Seit dem Mittelalter (oder vielleicht noch länger) ist es Tradition, hier einen Stein, den man von zu Hause mitgebracht hat, abzulegen. Es ist ein ergreifender Moment, all die Erinnerungsstücke der Pilger zu sehen. Nach dem Cruz de Ferro geht es schliesslich für etwa 18 Kilometer steil den Berg bis zum Ort Molinaseca herunter. Auf der kleinen Landstrasse, die man ab und zu kreuzt, sind kaum Autos unterwegs, so dass man die Landschaft mit seiner schönen Aussicht meist für sich allein hat.
Tipp: Wer einen guten Schlafsack und eine Isomatte dabeihat und sich trau im freien zu schlafen, sollte am Cruz de Ferro übernachten – Sonnenunter- und Aufgang sind hier herrlich. Schlafen kann man unter dem Vordach der modernen Kapelle. Wasser gibt es auf der anderen Strassenseite. Aber bitte: Fürs «Geschäft» weit hinter die Büsche gehen!
Länge: 45 km, 2 bis 3 Tagesetappen
Las Herrerias – Sarria
Vom Ort Villafranca del Bierzo bis zum kleinen Weiler Las Herrerías muss man sich durch einen der schrecklichsten Abschnitte des gesamten Weges quälen: Der Camino läuft über Stunden auf Asphalt an einer Strasse entlang. Aber nach dem unschönen Teil zeigt sich das hügelige Galicien (kurz vor dem Ort O Cebreiro verlässt man die Provinz Kastilien und León) von seiner schönsten Seite. Teils erinnern die kleinen Weiler mit ihrer Viehwirtschaft an Alpenidylle. Highlight ist der Ort O Cebreiro mit seinen Steinhäusern. Danach geht es beständig bergab bis zur Ortschaft Triacastela und weiter durch gewellte Landschaft bis zur Stadt Sarria. Auf der gesamten Strecke stören keine grösseren Strassen oder Städte – Idylle pur!
Tipp: Nach Villafranca del Bierzo (nachdem man die Brücke überquert hat), zweigt nach rechts ein alternativer Weg ab (etwa plus 4 Kilometer). Dieser «camino duro», der «schwierige Weg», ist im ersten Abschnitt steil, führt aber durch idyllische Landschaft und zudem spart man sich etwa 8 Kilometer entlang der Strasse. Entgegen seinem Namen ist der Weg nicht «zu anstrengend», sondern leicht machbar.
Länge: 55 km, 3 bis 4 Tagesetappen